CFP: Politische Ästhetik zwischen Entdeckung und Konstruktion (auf der XII. Tagung für Praktische Philosophie)
Submission deadline: April 7, 2025
Conference date(s):
September 25, 2025 - September 26, 2025
Conference Venue:
Universität Passau
Passau,
Germany
Details
The conference language will be German, but individual talks can also be held in English.
Convenors: Katharina Naumann (Magdeburg/Berlin) & Larissa Wallner (Frankfurt/Berlin)
Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen der vergangenen Jahre lässt sich einerseits eine sich wandelnde Ästhetisierung der Politik beobachten und andererseits eine immer offensichtlicher werdende Politisierung der Ästhetik. Ausgehend von dieser Beobachtung soll das Panel Gelegenheit bieten, über die vielfältigen Wechselwirkungen ästhetischer Erfahrungen einerseits und vorherrschender politischer Strukturen, Moralvorstellungen und Wissensordnungen andererseits nachzudenken. Dabei stellen sich zunächst grundsätzliche Fragen etwa nach der Legitimität einer politischen und moralischen Beurteilung von Kunst; danach, ob das Ästhetische eine bloß vermittelnde Funktion hat oder selbst ein genuiner Teil des Politischen ist; oder auch nach ihrem gesellschaftlichen Transformationspotential – im Guten wie im Schlechten. Fragen dieser Art sollen im Panel vor allem hinsichtlich der politisch-epistemischen Erschließungsfunktion (‘disclosure’) ästhetischer Darstellungen und Wahrnehmungen diskutiert werden. Je nach metaphysischem Tenor lassen sich ästhetische Praktiken und Erfahrungen als Entdeckung dessen, was immer schon da war oder als metaphysische Konstruktion von Wirklichkeit deuten. Als transformativ lassen sie sich aber in jedem Fall beurteilen, da ästhetische Gegenstände nicht zuletzt durch ihre affektive Dimension eine wirklichkeitsgestaltende Kraft entfalten können, indem sie Perspektiven eröffnen, Bedeutungsverschiebungen initiieren und Sprachspiele in Unordnung bringen. Wie insbesondere zahlreiche Arbeiten aus der feministischen Philosophie, der Queer Theory, der Critical Philosophy of Race und der postkolonialen Theorie deutlich gemacht haben, besitzen (Un)Sichtbarkeit, (Un)Wissen und (Un)Sagbarkeit sowohl eine moralphilosophische Relevanz als auch eine politische Dimension, insofern sie stets durch Interessen und Machtstrukturen mitgeprägt sind. Man denke hier beispielsweise an Debatten um ‘white ignorance’, epistemische Gewalt und Ungerechtigkeit, Cancel Culture, (standpunkttheoretische) Überlegungen zu epistemischen Privilegien und daraus resultierenden Problematiken wie epistemische Ausbeutung oder ‘elite capture’. Erkenntnisse aus diesen Debatten sollen im Panel mit Blick auf die funktionale Wesensbestimmung und Auseinandersetzung mit dem Politischen der Ästhetik diskutiert werden. Wir freuen uns über Einreichungen, die sich u.a. mit folgenden Fragenkomplexen befassen:
- Wie können neue Sichtweisen auf die Welt durch ästhetische Praktiken erschlossen werden (Ferrara, Camp) oder erhellt werden (Lorde)? Inwiefern hängt dies davon ab, welche Art von und wessen Kunst rezipiert wird, und wie wirkt sich dies darauf aus, wie wir unser (Zusammen)Leben gestalten?
- Inwiefern werden bestimmte Perspektiven und Bedeutungen durch ästhetische Praktiken verschlossen (Lakoff & Johnson)? Und inwiefern schränken andersherum ethisch-politische Perspektiven die ästhetische Wahrnehmung ein (‘imaginative resistance’)?
- Entfalten (nicht-diskursive) Darstellungen, wie Fotografien, Filme, Romane, per se behauptende, affirmative Kraft? Wie trägt das Ästhetische zur epistemischen Verengung und zur Normalisierung von Herrschaftsverhältnissen durch Darstellungen bei (MacKinnon)?
- Welche Rolle spielt das Ästhetische bei der Artikulation einer Stimme (Spivak, Cavell), der Konstruktion von Perspektive (‘female gaze’) oder Menschlichkeit (Butler), der Entwicklung von Identität (Fournier, Hartmann) oder auch authentischen Begehrens (Cixous, Emcke, Preciado)?
- Inwiefern haben Kunstproduktion und Kunstkonsum eine befreiende Wirkung (Menke /Rebentisch)? Gibt es bestimmte ästhetische Phänomene, die eine Bedingung von Befreiung darstellen, wie etwa Faszination (Menke) oder der Gebrauch der Erotik (Lorde, Bataille)?
- Welche Gefahren gehen einerseits mit dem populistischen Einsatz von Ästhetik einher? Welche Bedeutung haben ästhetische Praktiken andererseits als Formen des Widerstands, etwa in antikapitalistischen und antifaschistischen Kämpfen?
- Welche Bedeutung kommt dem Ästhetischen für die Repräsentation und Anerkennung pluraler Lebensformen und Wertesysteme zu? Welche politischen Funktionen übernimmt Kunst in der Zivilgesellschaft (Triki)?
Anonymisierte Abstracts (max. 500 Wörter) für einen Vortrag von 20 Minuten werden bis zum 7. April 2025 erbeten an: [email protected] und [email protected]. Über eine Annahme des Vorschlags in das Panel werden wir zeitnah informieren. Das Panel wird dann als Ganzes bei der Tagung für Praktische Philosophie eingereicht.
Die Konferenzsprache ist Deutsch, einzelne Vorträge können aber auch auf Englisch gehalten werden.