Kant und die 'Kategorien der Freiheit'

January 10, 2012 - January 11, 2012
Universität Bonn

Stucksaal im Poppelsdorfer Schloss
Meckenheimer Allee 171
Bonn
Germany

Organisers:

Stephan Zimmermann
Universität Bonn

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In der Forschungslandschaft zur kantischen Philosophie lassen sich nur noch wenige Flächen ausmachen, die wenig bearbeitet sind. Hierzu gehört die „Tafel der Kategorien der Freiheit in Ansehung der Begriffe des Guten und des Bösen“ (KpV A 117) am Ende des „Zweiten Hauptstückes“ der Kritik der praktischen Vernunft. Kants Versicherung, dass diese Tafel „für sich verständlich genug“ und „nichts weiter zur Erläuterung hinzuzufügen“ (KpV A 118) sei, hat bei etlichen Interpreten schon früh für Irritation und Ratlosigkeit gesorgt. Allzu viele Worte hat Kant in der Tat nicht darüber verloren, und die wenigen Erklärungen, die Kant gibt, erscheinen noch dazu eher dunkel denn erhellend.

Die textliche Randständigkeit darf gleichwohl nicht als eine sachliche Marginalität missdeutet werden. Denn der Kontext lässt keinen Zweifel daran, dass Kant dieser Tafel große Bedeutsamkeit für die gesamte praktische Philosophie beimisst. Der systematische Anspruch, den er mit den Kategorien der Freiheit verbindet, steht um kein Jota hinter dem zurück, den er an die Naturkategorien richtet: Die Freiheitskategorien sollen ganz offenkundig wie die Kategorien der Natur eine wissenschaftlich-methodische Anwendung verstatten. Zur Zeit der Niederschrift der Kritik der praktischen Vernunft war es Kants Idee, dass sich die Systematik der ersteren zur Metaphysik der Sitten so verhält, wie die Systematik der letzteren zu den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft steht. Während das eine Kategorientableau den Grundriss für die reine Naturlehre vorzeichnet, entwirft das andere den Grundriss der philosophischen Sittenlehre.

Man sollte denken, die verheißungsvolle Aussicht auf so viel Orientierungshilfe habe die Kantianer und Kant-Forscher beflügelt, sich besonders eingehend mit den Kategorien der Freiheit zu befassen. Das genaue Gegenteil ist indes der Fall gewesen. Dazu mag beigetragen haben, dass die „Tafel der Kategorien der Freiheit“ trotz Kants erklärter Versicherung alles andere als unumstritten ist. Schon unter Kants Zeitgenossen gingen die Meinungen deutlich auseinander, die Rezeption in den Jahren unmittelbar nach Erscheinen der Kritik hat ein höchst unterschiedliches Echo hervorgerufen. Nach einigen hilflosen und rasch in kontroverse Auffassungen mündenden Versuchen, sich auf Kants knappe Auskünfte einen Reim und diesen für die praktische Philosophie fruchtbar zu machen, wurde das Thema lange Zeit verdrängt. Im gesamten Neukantianismus, der sein Augenmerk vornehmlich auf die theoretische Philosophie gelegt hat und an einer erkenntnistheoretischen Grundlegung der modernen Naturwissenschaften interessiert war, blieb es übergangen. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind wieder einige Versuche unternommen worden, sich darauf einzulassen. Seit den 1980er Jahren nimmt die Häufigkeit von Arbeiten zu, die sich damit wenigstens in Aufsatzumfang befassen.

Die Tagung will diese Debatte weiter vorantreiben und dazu gewichtige Stimmen von einschlägig ausgewiesenen und mitunter international renommierten Kennern des Themas und der kantischen Philosophie überhaupt versammeln. Dabei ist es eines der Ziele, die Tafel der Freiheitskategorien mindestens von dem heimlichen Verdacht zu befreien, es handele sich dabei lediglich um ein Zeugnis sturen Systemdenkens. Die Referenten nähern sich in ihren Vorträgen der Sache der Kategorien, ihrer Systematik und dem textlichen Umfeld aus verschiedenen Richtungen und stellen auf diese Weise den nicht zu vernachlässigenden Stellenwert des Themas für Kants Moral- und seine praktische Philosophie überhaupt heraus.

Programm

Dienstag, 10. Januar 2012
10:00-10:15   Dr. Stephan Zimmermann
Eröffnung

Moderation: Prof. Dr. Christoph Horn
10:15-11:15   Prof. Dr. Heiner F. Klemme (Mainz)
Praktische Selbstbestimmung. Selbsterkenntnis zwischen Natur und Freiheit bei Kant

11:15-11:30   Kaffeepause

11:30-12:30   Dr. Jochen Bojanowski (Mannheim)
Kant über praktischen Gegenstandsbezug

12:30-14:00   Mittagspause

Moderation: Prof. Dr. Dietmar Heidemann
14:00-15:00   Prof. Dr. Dieter Sturma (Bonn)
Kausalität der Freiheit und Faktum der Vernunft

15:00-16:00   Prof. Dr. Theo Kobusch (Bonn)
Die praktischen Elementarbegriffe als Modi der Willensbestimmung. Zu Kants Lehre von den Kategorien der Freiheit

16:00-16:15   Kaffeepause

16:15-17:15   Dr. José M. Torralba (Pamplona/Chicago)
Die Rolle der Typik der reinen praktischen Urteilskraft und der Kategorien der Freiheit in der Konstitution des Gegenstandes der praktischen Vernunft

Mittwoch, 11. Januar 2012

Moderation: Prof. Dr. Markus Gabriel
09:00-10:00   Prof. Dr. Christian Krijnen (Tilburg/Amsterdam)
Kants Kategorien der Freiheit und das Problem der Einheit der Vernunft

10:00-10:15   Kaffeepause

10:15-11:15   Dr. Stephan Zimmermann (Bonn)
In welchem Sinn von Freiheit sind die Kategorien der praktischen Vernunft Begriffe der Freiheit?

11.15-12.15   Prof. Dr. Wolfgang Bartuschat (Hamburg)
Der eine Gegenstand der reinen praktischen Vernunft und die vielen Kategorien der Freiheit

12:15-14:00   Mittagspause

Moderation: Prof. Dr. Birgit Recki

14:00-15:00   Prof. Dr. Hans F. Fulda (Heidelberg)
Kants Kategorien der Freiheit in technischer, pragmatischer und rein praktischer Funktion

15:00-16:00   Prof. Dr. Manfred Baum (Wuppertal)
Praktische Erkenntnis a priori in der Kritik der praktischen Vernunft

16:00-16:15   Kaffeepause

16:15-17:15   Heiko Puls, M.A. (Hamburg)
Das "Objekt der praktischen Vernunft": Praktische Kategorialität und Apperzeption bei Kant


Die Tagung ist öffentlich. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Eine Vorabanmeldung ist nicht nötig.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Stephan Zimmermann: [email protected].

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