Kant und die 'Kategorien der Freiheit'
Stucksaal im Poppelsdorfer Schloss
Meckenheimer Allee 171
Bonn
Germany
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In der Forschungslandschaft zur kantischen Philosophie lassen sich nur
noch wenige Flächen ausmachen, die wenig bearbeitet sind. Hierzu gehört
die „Tafel der Kategorien der Freiheit in Ansehung der Begriffe des
Guten und des Bösen“ (KpV A 117) am Ende des „Zweiten Hauptstückes“ der
Kritik der praktischen Vernunft. Kants Versicherung, dass diese Tafel
„für sich verständlich genug“ und „nichts weiter zur Erläuterung
hinzuzufügen“ (KpV A 118) sei, hat bei etlichen Interpreten schon früh
für Irritation und Ratlosigkeit gesorgt. Allzu viele Worte hat Kant in
der Tat nicht darüber verloren, und die wenigen Erklärungen, die Kant
gibt, erscheinen noch dazu eher dunkel denn erhellend.
Die textliche Randständigkeit darf gleichwohl nicht als eine sachliche
Marginalität missdeutet werden. Denn der Kontext lässt keinen Zweifel
daran, dass Kant dieser Tafel große Bedeutsamkeit für die gesamte
praktische Philosophie beimisst. Der systematische Anspruch, den er mit
den Kategorien der Freiheit verbindet, steht um kein Jota hinter dem
zurück, den er an die Naturkategorien richtet: Die Freiheitskategorien
sollen ganz offenkundig wie die Kategorien der Natur eine
wissenschaftlich-methodische Anwendung verstatten. Zur Zeit der
Niederschrift der Kritik der praktischen Vernunft war es Kants Idee,
dass sich die Systematik der ersteren zur Metaphysik der Sitten so
verhält, wie die Systematik der letzteren zu den Metaphysischen
Anfangsgründen der Naturwissenschaft steht. Während das eine
Kategorientableau den Grundriss für die reine Naturlehre vorzeichnet,
entwirft das andere den Grundriss der philosophischen Sittenlehre.
Man sollte denken, die verheißungsvolle Aussicht auf so viel
Orientierungshilfe habe die Kantianer und Kant-Forscher beflügelt, sich
besonders eingehend mit den Kategorien der Freiheit zu befassen. Das
genaue Gegenteil ist indes der Fall gewesen. Dazu mag beigetragen haben,
dass die „Tafel der Kategorien der Freiheit“ trotz Kants erklärter
Versicherung alles andere als unumstritten ist. Schon unter Kants
Zeitgenossen gingen die Meinungen deutlich auseinander, die Rezeption in
den Jahren unmittelbar nach Erscheinen der Kritik hat ein höchst
unterschiedliches Echo hervorgerufen. Nach einigen hilflosen und rasch
in kontroverse Auffassungen mündenden Versuchen, sich auf Kants knappe
Auskünfte einen Reim und diesen für die praktische Philosophie fruchtbar
zu machen, wurde das Thema lange Zeit verdrängt. Im gesamten
Neukantianismus, der sein Augenmerk vornehmlich auf die theoretische
Philosophie gelegt hat und an einer erkenntnistheoretischen Grundlegung
der modernen Naturwissenschaften interessiert war, blieb es übergangen.
Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind wieder einige
Versuche unternommen worden, sich darauf einzulassen. Seit den 1980er
Jahren nimmt die Häufigkeit von Arbeiten zu, die sich damit wenigstens
in Aufsatzumfang befassen.
Die Tagung will diese Debatte weiter vorantreiben und dazu gewichtige
Stimmen von einschlägig ausgewiesenen und mitunter international
renommierten Kennern des Themas und der kantischen Philosophie überhaupt
versammeln. Dabei ist es eines der Ziele, die Tafel der
Freiheitskategorien mindestens von dem heimlichen Verdacht zu befreien,
es handele sich dabei lediglich um ein Zeugnis sturen Systemdenkens. Die
Referenten nähern sich in ihren Vorträgen der Sache der Kategorien,
ihrer Systematik und dem textlichen Umfeld aus verschiedenen Richtungen
und stellen auf diese Weise den nicht zu vernachlässigenden Stellenwert
des Themas für Kants Moral- und seine praktische Philosophie überhaupt
heraus.
Programm
Dienstag, 10. Januar 2012
10:00-10:15 Dr. Stephan Zimmermann
Eröffnung
Moderation: Prof. Dr. Christoph Horn
10:15-11:15 Prof. Dr. Heiner F. Klemme (Mainz)
Praktische Selbstbestimmung. Selbsterkenntnis zwischen Natur und Freiheit bei Kant
11:15-11:30 Kaffeepause
11:30-12:30 Dr. Jochen Bojanowski (Mannheim)
Kant über praktischen Gegenstandsbezug
12:30-14:00 Mittagspause
Moderation: Prof. Dr. Dietmar Heidemann
14:00-15:00 Prof. Dr. Dieter Sturma (Bonn)
Kausalität der Freiheit und Faktum der Vernunft
15:00-16:00 Prof. Dr. Theo Kobusch (Bonn)
Die praktischen Elementarbegriffe als Modi der Willensbestimmung. Zu Kants Lehre von den Kategorien der Freiheit
16:00-16:15 Kaffeepause
16:15-17:15 Dr. José M. Torralba (Pamplona/Chicago)
Die Rolle der Typik der reinen praktischen Urteilskraft und der Kategorien der Freiheit in der Konstitution des Gegenstandes der praktischen Vernunft
Mittwoch, 11. Januar 2012
Moderation: Prof. Dr. Markus Gabriel
09:00-10:00 Prof. Dr. Christian Krijnen (Tilburg/Amsterdam)
Kants Kategorien der Freiheit und das Problem der Einheit der Vernunft
10:00-10:15 Kaffeepause
10:15-11:15 Dr. Stephan Zimmermann (Bonn)
In welchem Sinn von Freiheit sind die Kategorien der praktischen Vernunft Begriffe der Freiheit?
11.15-12.15 Prof. Dr. Wolfgang Bartuschat (Hamburg)
Der eine Gegenstand der reinen praktischen Vernunft und die vielen Kategorien der Freiheit
12:15-14:00 Mittagspause
Moderation: Prof. Dr. Birgit Recki
14:00-15:00 Prof. Dr. Hans F. Fulda (Heidelberg)
Kants Kategorien der Freiheit in technischer, pragmatischer und rein praktischer Funktion
15:00-16:00 Prof. Dr. Manfred Baum (Wuppertal)
Praktische Erkenntnis a priori in der Kritik der praktischen Vernunft
16:00-16:15 Kaffeepause
16:15-17:15 Heiko Puls, M.A. (Hamburg)
Das "Objekt der praktischen Vernunft": Praktische Kategorialität und Apperzeption bei Kant
Die Tagung ist öffentlich. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Eine Vorabanmeldung ist nicht nötig.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Stephan Zimmermann: [email protected].
Registration
No
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